Jahr: 2007

  • Meine Erfahrungen mit Depression, Sex und Antidepressiva

    Depression und Sex?

    Mit Zunahme der depressiven Symptomatik kann man auch das Interesse am Sex verlieren. (Bei mir war das zumindest so)

    Eine Depression beeinträchtigt das Gesamtsystem Mensch, betroffen ist hierbei aber auch der Antrieb, der sich in Aktivität äußert und Energie erfordert. In schweren depressiven Phasen zieht man sich sozial zurück, will niemanden sehen, mit keinem Reden und mag auch keine körperliche Nähe, wie z.B. Umarmungen. Auch kann es sein, das einem das Küssen des Partners, sei es nur ein einfacher morgendlicher Begrüssungskuss auf den Mund, zu wider ist. Man will nicht mehr angefasst werden, man will den anderen nicht mehr anfassen…Man mag sich nicht mehr, weil man depressiv ist und nichts schafft. Leider kann man sich immer weiter in diese negative Gedankenspirale hineinsteigern. Auch hat man keine Kraft, dem Partner das alles zu erklären…und unter Umständen kommt es auch dadurch zu Streitigkeiten.

    Depression, Sex und Antidepressiva?

    Hat man nun (nach langem Suchen und Testen) endlich ein Antidepressivum für sich gefunden, das etwas wirkt, kann die sexuelle Lust wieder kommen.
    Leider beeinträchtigen fast alle Antidepressiva die Libido. Bei Männern können Erektionsprobleme auftreten, während Frauen Schwierigkeiten haben, zum Orgasmus zu kommen.
    Mit meinem aktuellen Antidepressivum Fluoxetin ist es so, dass ich seit einigen Wochen, wieder vermehrt die Nähe meines Partners suche, ich fasse ihn öfters an und bin sogar teilweise etwas anhänglicher. Auch habe ich leider festgestellt (ich wollte ja wissen, ob ich wenigstens einen Orgasmus haben könnte, wenn ich denn Lust auf Sex oder Selbstbefriedigung habe), dass ich mit 40 mg Fluoxetin leider keinen Höhepunkt habe und mich somit auch nicht wirklich Lust auf Sex haben werde…

    Tja, man kann eben nicht alles haben…

    Somit muss man abwägen, was einem erst mal wichtiger ist, weniger depressiv mit einem Antidepressivum, aber keinen Orgasmus oder aber andere Antidepressiva testen, mit denen man Spaß am Sex haben kann. Da ich schon länger schwer depressiv bin und schon viele Antidepressiva erfolglos ausprobiert habe, ist es mir jetzt nur wichtig, etwas Antrieb zu bekommen und langsam versuchen etwas mehr zu leben und nicht mehr nur zu überleben.

  • Meine Erfahrungen mit der Psychiatrie

    Wie kommt man in die Psychiatrie?

    Umgangssprachlich ganz salopp auch Klapse genannt, aber meist von den Personen, die noch nie da drin waren.

    Eine psychiatrische Klinik befasst sich mit der Behandlung seelischer Erkrankungen.

    In der Regel erhält man von seinem Psychiater eine Einweisung und meldet sich dann telefonisch in der nächstgelegenen psychiatrischen Klinik an. Je nach Dringlichkeit, unter Umständen auch sofort, wird man stationär aufgenommen und kommt beim ersten Mal auf eine allgemeine psychiatrische Station, wo sich verschiedene Krankheitsbilder mit den zugehörigen Patienten tummeln.

    Ist man der Klinik bekannt, kommt man auf die entsprechende Fachstation, seiner psychischen Erkrankung entsprechend. Für die Depressons-Fachstation (Stiftung Tannenhof in Remscheid)ist vor der Aufnahme ein Gespräch mit dem Oberarzt erforderlich, der klärt ab, ob und wann man auf diese Station kommt. (Warteliste, immer voll belegte Station).

    Mangels fehlender Erfahrungen meinerseits bezüglich der Zwangseinweisung, will ich hier nicht weiter auf diese Art der Einweisung eingehen.

    Der erste Tag in der Psychiatrie

    Man geht mit seiner Einweisung zur Anmeldung, (bezahlt ggf. noch die Praxisgebühr oder legt den Befreiungsausweis vor), gibt seine Krankenversicherungskarte ab und füllt noch einige Zettel mit Personenbezogenen Daten aus , unterschreibt eine Behandlungsvereinbarung, erhält eine Info über Rechte und Pflichten des Patienten, einen Lageplan, verpflichtet sich für die ersten 28 Kliniktage die 10 €URO Zuzahlung im Anschluss an die Behandlung zu zahlen und wird dann endlich von einem Zivildienstleistenden zur Station gebracht.

    Wenn man schon mal dort war, darf man auch alleine dorthin gehen.

    Auf der psychiatrischen Station

    Dreiergespräch mit dem Stationsarzt/-Ärztin und dem Bezugspfleger oder der Bezugsschwester.
    Bezugsschwester/-Pfleger ist der direkte Ansprechpartner für den Patienten.
    Im Anschluss an das Gespräch (der Bezugspfleger/die Bezugsschwester verläßt das Zimmer) erfolgt noch die körperliche Untersuchung durch den Arzt.

    Man schildert in diesem Gespräch kurz seine Probleme, wie lange man schon darunter leidet, welche Medikamente man nimmt (oder auch noch nicht) und wie man sich aktuell fühlt.

    Im Anschluss daran, wird einem das Zimmer gezeigt, meist sind es auf dieser Depressions-Fachstation 2-Bett-Zimmer.
    Ein Patient oder auch eine Schwester/ein Pfleger zeigt einem die Station, wo man bei den Mahlzeiten sitzt, wo z.B.die Waschmaschine zu finden ist und erklärt noch die Stationsregeln.
    Auch erhält man einen Therapie-Plan, der aber in den ersten Tagen noch recht leer ist, keine Sorge, der füllt sich schnell.

    Welche Therapien gibt es?

    Ich verweise mal auf meinen alten Therapie-Wochenplan, damit man mal weiß, wie so etwas aussehen kann.

    Man hat z.B. Sport, Musiktherapie, Morgenrunde, freiwillige Sport-AG, Ergotherapie, Arbeitstherapie, verschiedene Gruppenangebote, (die gehasste) Kochgruppe, Textverarbeitung, Denksport, Wandern, Kegeln …
    Ein Gespräch in der Woche mit dem Bezugspfleger/der Bezugsschwester und ca. 2 mal 20 min mit dem Therapeuten (Psychologe oder Psychiater), bei Bedarf auch mehr.

    Detaillierte Infos zu meinem Klinikaufenthalt in der Stiftung Tannenhof kann man in meiner Kategorie Depressions-Fachstation nachlesen.

    Wie lange bleibt man in der Psychiatrie?

    Wenn man nur zur Krisenintervention dort ist, verbleibt man meist nur einige Tage (wenige Wochen) in der Klinik, bis man sich wieder stabiler fühlt. Auf der Depressions-Fachstation sollte man schon einen mehrmonatigen Aufenthalt einplanen.
    Nach 2 Wochen Klinikaufenthalt kann man aber, Stabilität vorausgesetzt, von Samstag auf Sonntag zuhause schlafen.

    Meine Erfahrungen mit der Psychiatrie

    Ich habe überwiegend positive Erfahrungen mit meinen psychiatrischen Klinikaufenthalten in der Stiftung Tannenhof gemacht, nur einmal hatte man mich auf die Borderline-Station verfrachtet, wo es mir überhaupt nicht gefiel und ich auch nur kurz geblieben bin. Mein Aufenthalt auf der Depressions-Fachstation dauerte 8 Monate, 6 Monate stationär und 2 Monate als Tagespatient.

  • Meine Erfahrungen mit Selbstmordgedanken

    Was sind Selbstmordgedanken?

    Während einer Depression kann es passieren, das man sehr negative Gedanken im Kopf hat, wie z.B

    • mein Leben ist sinnlos, ich bekomme nichts auf die Reihe
    • mich vermisst eh keiner
    • egal ob es mich gibt oder nicht.
    • ich will nicht mehr, wozu sollte ich?
    • ich will nur noch meine Ruhe, einfach nicht mehr depressiv sein, nichts mehr mitkriegen

    Wie gefährlich sind Selbstmordgedanken

    Oder die Macht der negativen Gedanken.

    Auch wenn es nur Gedanken sind, können sie es initiieren, dass das eigene Leben tödlich endet.
    Ja, sie können quasi selbständig werden und man denkt in diesem Moment nicht mehr, sondern handelt nur noch und geht zielstrebig seinem Lebensende entgegen.

    Sobald man solche negativen und selbstzerstörerischen Gedanken im Kopf hat, sollte man umgehend versuchen etwas dagegen zu unternehmen.

    Es sind sehr mächtige negative Gedanken.

    Warum kommt es zu solchen extremst negativen und gefährlichen Gedanken?

    Man ist (länger) depressiv und versucht mit Hilfe von Medikamenten aus der Depression rauszukommen, was aber sehr lange dauern kann. Auch muss man erst mal das richtige Antidepressivum für sich finden.
    Manche Antidepressiva können auch in der Einschleichphase vorhandene Selbstmordgedanken verstärken und auch erst auslösen. (Bei Fluoxetin steht das sogar als Warnhinweis im Beipackzettel.)
    Man gerät in eine negative Gedankenspirale, man wird wie von einem Sog, immer weiter in den Abgrund gezogen.

    Was kann man gegen Selbstmordgedanken unternehmen?

    Sobald man diese Gedanken bemerkt, sollte man sich an einen Psychiater oder an die nächstgelegene Psychiatrische Ambulanz wenden. Oft erhält man dann für eine kurze Zeit ein Beruhigungsmittel, welches tatsächlich hilft. In vielen Fällen kann auch nur ein Gespräch mit einem Fachmann oder Fachfrau deutlich entlastend wirken.

    Nein, man wird nicht sofort in die Psychiatrie zwangseingewiesen.

    Der Psychiater kann aufgrund seiner beruflichen Erfahrung mithilfe des Gesprächs und gezielten Fragen herausfinden, wie gefährlich die akute Situation ist. Wenn man Absprache fähig ist, wird er vielleicht sogar anbieten, dass man sich freiwillig in die Klinik begibt.
    Nein, man kommt auch nicht sofort und immer auf die Geschlossene Station.

    Wenn die Gedanken sehr intensiv sind, kann das eine lebensrettende Maßnahme sein!

    Übrigens, Alkohol hilft nicht und kann die Situation entgleisen lassen.

    Meine Erfahrungen mit Selbstmordgedanken

    Phasenweise habe ich solche negativen Gedanken auch in meinem Kopf und aufgrund meiner Erfahrung mit diesen Selbstmordgedanken, weiß ich in der Regel, was ich wann unternehmen muss. Es ist aber dennoch immer ein Risiko, auch wenn ich diese Gedanken kenne.

    Ich erinnere mich, das diese negativen Gedanken erstmalig, sehr intensiv 2002, bei mir im Kopf herumschwirrten.

    Ich war depressiv, antriebslos, ging nicht mehr ans Telefon, machte keine Briefe mehr auf, aber konnte meinen Job noch machen. Nicht weil ich arbeiten wollte, sondern weil ich einfach diesen Job hatte und pflichtbewusst zur Arbeit ging.

    In diesem Zeitraum nahm ich Venlafaxin (Trevilor, für mich ein Teufelszeug für andere eine große Hilfe zurück ins Leben).

    Sogar während der Arbeit hatte ich Gedanken im Kopf wie, »mein Leben ist sinnlos«, »es interessiert niemanden, ob es mich gibt oder nicht«, »ich will nicht-mehr wozu«.

    Ich nahm diese Gedanken nicht ernst, weil ich dachte, es sind ja nur Gedanken, außerdem nahm ich ja ein Antidepressivum, was mir ja wohl helfen würde…
    Ich fühlte mich sicher, was ein fataler Irrtum war!

    Ich verkannte meine gefährliche Situation
    , war mir ihrer nicht bewusst und ich steuerte auf mein Desaster hin, ohne es mitzubekommen.

    Früh morgens, am dritten Tag mit diesen negativen Gedanken im Kopf, machte ich mich fertig für die Arbeit, schmierte mein Brot und packte auch meine Thermoskanne mit Kaffee in meinen Rucksack, setzte mich an den Tisch, stellte meine 100-Trevilor-Pillen-Packung neben einem Glas Wasser und ich wusste, was ich jetzt machen wollte…

    Ohne Nachzudenken, das brauchte ich ja nicht, weil ich genau wusste, was ich wollte, ich wollte meine Ruhe und holte die Pillen aus der Verpackung und begann sie mit Wasser runterzuschlucken.
    Ich handelte automatisch, total angstfrei…, ich steuerte zielgerichtet, ohne zu denken auf mein Lebensende zu…

    Ich habe es überlebt – Glück gehabt.

    So mächtig können Selbstmord-Gedanken werden, obwohl es eigentlich nur Gedanken sind. Selbstmordgedanken sind immer ein unkalkulierbares Risiko.

  • Meine Erfahrungen mit Antidepressiva

    Warum habe ich Antidepressiva genommen?

    Vor ca. 10 Jahren habe ich zum ersten Mal ein Antidepressivum ausprobiert, im Anschluss an eine ambulante Gespräch-Psychotherapie, die mir leider nicht geholfen hat, meine Stimmung zu verändern. Die Psychotherapie hat mir insoweit geholfen als das ich besser verstehen konnte, warum ich so geworden bin, wie ich bin und wo teilweise meine Probleme lagen.

    Da ich aber nicht mehr weiter mit negativen Gedanken und schlechter Stimmung leben wollte, habe ich es gewagt und mein erstes Antidepressivum (AD) Fluvoxamin ausprobiert.

    Meine Odyssee durch den Antidepressiva Dschungel begann…

    Die modernen Antidepressiva, sollen weniger Nebenwirkungen haben als die älteren (aber durchaus bewährten) Trizyklischen Antidepressiva.

    Welches Medikament geeignet ist, entscheidet der Psychiater, es gibt beruhigende (sedierende) und antrieb steigernde Antidepressiva.

    Ich habe die Erfahrung gemacht, das man das ausgewählte Antidepressivum in einer geringen Dosis einschleichen und dann nach einigen Tagen die Dosis etwas erhöhen sollte, so bleiben die anfänglich potentiellen auftretenden Nebenwirkungen etwas geringer.
    Auch ist es von Vorteil, wenn man in den ersten 4 bis 6 Wochen nicht arbeiten muss.
    (Krankschreiben lassen oder im Urlaub mit dem AD beginnen)

    Auch sollte man keine Angst vor den sehr ausführlich aufgelisteten möglichen Nebenwirkungen des AD haben. In der Regel bekommt man nur einige Nebenwirkungen, die dann auch nach 2 bis 4 Wochen deutlich nachlassen (sollten und müssen!) und eine (kleine) Wirkung sollte sich dann auch einstellen.

    Viele Antidepressiva verursachen leider eine Gewichtszunahme (zumindest bei mir), was sich je nach Höhe Gewichtsveränderung noch zusätzlich negativ auf das Befinden auswirken kann.

    Ich habe schon viele Antidepressiva ausprobiert, entweder wirkten sie nicht oder ich habe sehr viel zugenommen. Lithium würde ich nie mehr nehmen, das hat mir in Verbindung mit dem (alten trizyklischen AD) Nortrilen zu Wassereinlagerung, Verstopfung und deutlicher Gewichtszunahme geführt.

    Was kann ich machen, wenn bei mir kein Antidepressivum wirkt?

    Einfach weiter Antidepressiva ausprobieren, es gibt eine sehr große Auswahl und es kommt auch jährlich ein neues AD auf den Markt. Auch kann man verschiedene AD miteinander kombinieren, auch Neuroleptika, Schilddrüsenhormone dazugeben. Einem motivierten Psychiater sollte da schon einiges einfallen…, wenn ihm nichts einfällt, einfach den Psychiater wechseln.

    Auf der Depression-Fachstation, auf der ich mehrere Monate war, vertreten die Fachleute leider die Auffassung, wenn jeweils 2 Antidepressiva aus der selben Wirkstoffgruppe nicht wirken, dann bräuchte man aus dieser Gruppe keines mehr testen, weil es garantiert nicht wirkt.

    Tja, ich kann heute zum Glück das Gegenteil behaupten! Es lohnt sich, auch wenn es sein muss, alle durchzuprobieren.

    Ich habe zwischendurch immer mal mehrere Monate ohne Medikamente gelebt, weil ich wissen uns spüren wollte, ob es mir anders (besser) geht als mit den Medikamenten.
    Leider ging es mir ohne Antidepressiva auch nicht anders als mit denen, die ich schon getestet hatte…
    Seit einigen Wochen nehme ich Fluoxetin und es scheint zumindest etwas zu wirken.

    Was kann ich von einem Antidepressivum erwarten?

    Ich erwarte von einem Antidepressivum eine positive Wirkung, dass heißt, es sollte mir mit dem Medikament etwas besser gehen als ohne.

    Ich erinnere mich, dass meine Depression so im Alter von ca. 10 Jahren begann. Nur wusste das niemand, ich fühlte mich nur immer etwas anders, ohne dass ich das genauer beschreiben konnte. Auch meine Depression unterliegt (zum Glück) Schwankungen, so lange ich genügend Antrieb hatte, um Arbeiten zu können, war dieser Zustand für mich in Ordnung. Ich war produktiv und hatte mein Leben, trotz Depression, im Griff, war im Job und Sport erfolgreich.
    Vor ca. 5 Jahren verließ mich mein Antrieb und es ging dramatisch bergab, momentan scheint sich mein Zustand zu stabilisieren und ich hoffe weiterhin auf Fluoxetin!

    Eine Psychotherapie werde ich dann beantragen, wenn ich ausreichend Antrieb und weniger deutliche negative Gedanken im Kopf habe, denn so eine Therapie sollte schon etwas bringen.

    Wie lange Antidepressiva nehmen?

    In meinem Fall kann ich wohl sagen, ich sollte sie lange nehmen und mir ggf. dann überlegen, ob ich es denn wagen könnte, sie abzusetzen.