Jahr: 2007

  • Meine Lebensgeschichte Teil 2.

    Teil 2 meiner Lebensgeschichte, soweit ich mich erinnern kann (Teil 1.)

    1999-2003

    Mein Vater verstarb am 03.März 1999 (Speiseröhrenkrebs).

    Meine Gefühle waren widersprüchlich. Ich habe ihn gehasst und geliebt, auch trauerte ich um ihn, machte mir Vorwürfe, dass ich mich fast 2 Jahre nicht um ihn gekümmert hatte, obwohl ich wusste, das er alleine nichts auf die Reihe bekommt.

    Auf der anderen Seite wusste ich, dass mein Vater Gift für mich ist.

    Ich hatte nun keine Eltern mehr.

    Meine »ach so liebe » Verwandtschaft hat sich seit dem Tod meiner Oma 1997 auch nicht mehr gemeldet. Ich glaub es war 1998 da hatte mein Onkel (Lehrer) seinen 50. Geburtstag und mich und meinen Mann eingeladen. Wir sind hin, mit gemischten Gefühlen. Die lieben Verwandten waren da und ich fühlte mich nicht dazugehörig. Es sprach kaum jemand mit mir. Ich kam mir vor, wie in einem Zoo, alle gaffen und meinten Bescheid zu wissen.

    Somit beschloss ich, keine Familie mehr zu haben, auf solche Menschen kann ich verzichten.

    Ich war immer noch an der Fachhochschule eingeschrieben und hatte einen 20 Stunden Job bei der Gepa.
    Habe 1999 meinen Motorradführerschein gemacht und mir eine Kawasaki EL252 gekauft.

    Ich hatte immer mehr das Gefühl, dass es bergab geht, konnte nichts dagegen machen.
    Wenn ich nicht arbeiten musste, hab ich mich im Internet vergraben.

    2001 bekam mein Mann die Diagnose »Haarzell-Leukämie«, das ist eine seltene Form von Blutkrebs, nicht heilbar, chronisch.

    Ich ging kaum noch raus, zog mich noch mehr zurück, dachte nur, er stirbt und lässt mich alleine.
    Ganz allein, da ich ja sonst niemanden mehr hatte.

    Seine ambulante Chemotherapie hab ich kaum mitbekommen, ich hab mich abgeschottet, irgendwie in meiner eigenen Welt gelebt bzw. vegetiert.

    Ich hab kaum was mitbekommen,was um mich herum geschah, ich traute mich noch nicht mal alleine ohne meinen Mann zum Friseur…

    Mein Mann war schwer krebskrank und ich war ihm keine Hilfe. Heute weiß ich, dass ich ihm nicht helfen konnte. Er wollte leben, ich nicht.
    Er hat eine Frau kennengelernt, sich von mir getrennt als ich in der Klinik war.

    Es war schlimm, ich hab kaum etwas mitbekommen, aussehr einem großen Schmerz und Angst.
    Er zog in ihre Wohnung, hielt aber weiterhin Kontakt zu mir.

    Es war mehr als grausam, was da so ablief. Ich war 2002 4x in der Klinik.

    Mit meiner Erkrankung und der Trennung kam dann der soziale Abstieg. Habe noch in den Semesterferien einen Studentenjob gemacht und mich dann exmatrikuliert, damit ich für 6 Monate Sozialhilfe beantragen konnte.

    Mein Mann war auch mehrfach in der Klinik, er hatte eigene Probleme.
    Im Januar 2003 stand er vor meiner Tür, er wusste nicht wohin. Seither wohnt er wieder bei mir.

    Im Februar 2003 hab ich einen auf 12 Monate befristeten Arbeitsvertrag im Gleis 1 bekommen.
    Es war eine leichte Arbeit in einem interessanten Umfeld, was mich wohl psychisch belastet hat, obwohl mir das auch nicht bewusst war. Auf der anderen Seite wurde ich nicht gefordert, der Job unterforderte mich.

    Da mein Mann schwer krank war, (auch psychisch, dazu schreibt er aber selber etwas) hat mich das sehr beeinträchtigt, was ich anfangs nicht mitbekommen habe.

    Im November 2003 war ich wieder total mies drauf und habe mich krankschreiben lassen.

    Teil 3 folgt.

  • Einsichtsrecht in psychiatrische Krankenakten

    Bald hat jeder Patient das Recht auf Einsichtnahme in seine psychiatrischen Krankenakten, er darf sich auch die subjektiven Anmerkungen ansehen.

    “Für die ärztliche Dokumentation bedeutet dies, dass alle patientenbezogenen Aufzeichnungen dem Patienten grundsätzlich zugänglich sein werden. Dies gilt auch für subjektive Wertungen, Arbeitshypothesen oder Notizen zur Gegenübertragung in psychotherapeutischen Sitzungen.”

    [Quelle: ist weg, muss erst eine neue suchen
    Da bin ich ja mal gespannt, wie das umgesetzt und wie das im Einzelfall aussehen wird…

  • Kann man mit einem Depressiven zusammenleben?

    Da ich einige Emails bekommen habe, mit der Frage, wie denn mein Partner mit mir und meiner Depression leben kann, habe ich ihn mal gebeten, einen Artikel zu verfassen, indem er darlegt, wie es für ihn als Angehörigen ist, wenn er mit einer Frau zusammenlebt, die chronisch depressiv ist.

    [Gastbeitrag von meinem Ehemann Jörg Müller]

    Wie erlebt mein Partner meine schwer depressive Phase?

    Ihren Tagesablauf in einer schwer depressiven Phase hat Susanne ja schon beschrieben.
    Sie hat da den Kern der Sache schon getroffen, aber es ist doch noch etwas intensiver als von ihr geschildert.

    In solch einer Zeit ist es sehr schwer, meine Frau auf einer kommunikativen Ebene zu erreichen.

    Ich muss wirklich jedes Wort, dass ich sagen möchte mehrmals überdenken, um auszuschließen das Susanne negative Schlüsse daraus zieht.

    Das schlimmste an der Sache ist, das ich sagen und machen kann was ich will, es ist in Susannes Augen falsch und von vornherein sinnlos.

    2006 war ich noch arbeitslos, Susanne in der Psychiatrie, die allgemeine Situation hätte man durchaus als hoffnungslos beschreiben können.

    Zum Glück war ich zu dieser Zeit wieder über ein Jahr lang abstinent, denn hätte ich damals getrunken…
    Ich habe versucht Susanne mit Optimismus ein wenig die Sorgen zu nehmen.

    Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl das es etwas hilft, ein bisschen.
    Richtig helfen konnte ich ihr nicht, aber für Sie da sein.

    Und gerade dieses für sie da sein, das hat mir auch die Kraft gegeben die ganze Sache durchzustehen (Ende 2004 hätte ich mich zugeschüttet und gut ist für mich) und nicht selber wieder abzurutschen.

    Ein paar Tage nach ihrer Entlassung kam uns der Zufall zu Hilfe in Form eines Arbeitsangebots vom Arbeitsamt.
    Dadurch das ich Arbeit bekommen habe, hatte Susanne wieder ein wenig mehr Freude am Leben und die Perspektiven veränderten sich ein bisschen zum Guten.

    Seit einigen Monaten nimmt Susanne ihren bisher wirksamsten Medikamenten-Cocktail, aus dem Antidepressivum Fluoxetin, dem Schilddrüsenhormon L-Thyroxin und dem Stimmungsstabilisator Lamotrigin.

    Die allgemeine Stimmung ist besser, Susanne ist aktiver, macht wieder Hausarbeit, zieht sich tagsüber Straßenkleidung an.

    Das negative an ihren Medis ist nur das Sie ständig nervt.

    Egal welche Schicht ich habe, sobald ich den Kopf in die Wohnungstür stecke, werde ich ohne Ende zugetextet.
    Erstmal ausruhen istxt_quote_single_close nicht, warum auch? Susanne war ja 10 Stunden alleine, fast ein ganzes Leben… :lachen:

    Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich das nicht stört, aber lieber ist es mir so als wieder ein Absturz in die schwer depressive Phase.

    Wird mir die Sache zuviel, gehe ich Einkaufen oder in die City `nen Kaffee trinken, Bildzeitung lesen oder Leute beobachten, das lenkt ab und macht den Kopf frei.

    Alles in allem kann ich sagen, dass ich für mich den richtigen Weg gefunden habe, mit einer chronisch depressiven Frau
    zusammenzuleben.

    Ich dränge Susanne nicht, wenn es ihr schlecht geht, ich mache ihr keine Vorwürfe (und schon gar keine Vorschriften, wie ich es bei anderen Angehörigen auf der Depressions-Fachstation in Remscheid erlebt habe), und wenn ich merke, dass mich die Situation belastet, gehe ich zu meinem Psychiater und kotz mich aus!
    Kann ich nur jedem empfehlen sich `nen Psychiater zu halten… :yeah:

    Nur Leute , achtet bei euren depressiven Angehörigen auf Warnsignale, die auf Suizid hindeuten könnten, lieber einmal zu viel den Krankenwagen rufen als einmal zu wenig.

    Ich kenne meine Frau nach 15 Jahren Zusammensein gut genug, um solche Signale zu erkennen.

    Zum Schluss sei noch gesagt, dass es Susanne sehr hilft ein Blog zu haben .

    [Viele Grüsse Jörg Müller]

  • Woran bemerke ich, dass sich meine Depression verringert?

    Natürlich gibt es verschiedene Depression-Testverfahren, z.B. der Depressionstest nach Goldberg (Psychiater Dr. Ivan Goldberg, aus New York).

    Der Test ist kein Ersatz für eine ärztliche Diagnose. Unabhängig vom Testergebnis sollte man einen Arzt aufsuchen, wenn man das Gefühl hat, eine Depression zu haben.

    Ich beschreibe mich mal als depressiv erfahren Menschen und benötige so einen Test für mich nicht. Ich bin mir im großen und ganzen meiner depressiven Symptome bewusst.
    Ich gestalte mir meinen persönlichen Antriebstest, ich stelle einfach nur gegenüber, was ich während meiner schwer depressiven Phase gemacht habe und wie mein Alltag heute aussieht.
    Meine Stimmung kann ich nicht einbeziehen, weil es mir nie gut ging, sondern meine Stimmung war »unbestimmt«, »Wie immer« oder einfach nur »normal Scheisse«.

    Da wohl mein Medikamenten-Cocktail, bestehend aus L-Thyroxin (Schilddrüsenhormon), Fluoxetin (Antidepressivum) und Lamotrigin (sog. Stimmungsstabilisator) etwas positiv wirkt, scheint es so, als ob ein wenig Antrieb vorhanden ist. Hoffentlich erwartet mich nicht ein Mega-Absturz, da Depressionen wellenförmig verlaufen …

    Wie sieht mein Alltag aus, wenn ich etwas weniger depressiv bin?

    Im Vergleich zu meiner schwer depressiven Phase:

    Ich schlafe deutlich weniger, bleibe abends länger auf und schaffe es problemlos morgens aus dem Bett zu kommen.

    Dann folgt das persönliche Reinigungsprogramm, Anziehen (Kein Jogging-Anzug) Katzen füttern, Frühstücken.
    Da mein Mann eine recht anspruchsvolle Arbeitszeit hat (7 Tage Frühschicht, 7 Tage Nachschicht, 7 Tage Spätschicht und dann endlich 7 Tage frei) mache ich ihm auch seine Brote etc.

    Meine Medikamente darf ich nicht vergessen, dann verschwinde ich erst mal ins Internet.
    Ich schaffe es sogar, längere und auch mehr Blogartikel zu verfassen!

    Da ich ja momentan nicht arbeite, erledige ich dann nach und nach den Haushalt, Putzen, Staubsaugen, Waschen, ich bügel momentan sogar, obwohl ich das eigentlich hasse.

    Ich schaffe es sogar, einmal in der Woche alleine einzukaufen. Türklingel und Telefon wird noch von mir ignoriert.

    Bei mir (in mir) kommt das Gefühl auf, dass ich etwas machen kann und auch will…

    Ich verspüre im Gegensatz zu vorher, etwas Antrieb und es scheint so als ob es langsam aufwärts gehen könnte. Ich traue der ganzen Sache aber überhaupt nicht, da ich oft genug abgestürzt bin. Ich plane auch nichts, so muss ich auch jetzt keine Verpflichtungen eingehen. Für mich sind Ziele nicht relevant, nur das Jetzt zählt.

    Alles in Allem eine sehr wackelige Angelegenheit!