Da ich einige Emails bekommen habe, mit der Frage, wie denn mein Partner mit mir und meiner Depression leben kann, habe ich ihn mal gebeten, einen Artikel zu verfassen, indem er darlegt, wie es für ihn als Angehörigen ist, wenn er mit einer Frau zusammenlebt, die chronisch depressiv ist.
[Gastbeitrag von meinem Ehemann Jörg Müller]
Wie erlebt mein Partner meine schwer depressive Phase?
Ihren Tagesablauf in einer schwer depressiven Phase hat Susanne ja schon beschrieben.
Sie hat da den Kern der Sache schon getroffen, aber es ist doch noch etwas intensiver als von ihr geschildert.
In solch einer Zeit ist es sehr schwer, meine Frau auf einer kommunikativen Ebene zu erreichen.
Ich muss wirklich jedes Wort, dass ich sagen möchte mehrmals überdenken, um auszuschließen das Susanne negative Schlüsse daraus zieht.
Das schlimmste an der Sache ist, das ich sagen und machen kann was ich will, es ist in Susannes Augen falsch und von vornherein sinnlos.
2006 war ich noch arbeitslos, Susanne in der Psychiatrie, die allgemeine Situation hätte man durchaus als hoffnungslos beschreiben können.
Zum Glück war ich zu dieser Zeit wieder über ein Jahr lang abstinent, denn hätte ich damals getrunken…
Ich habe versucht Susanne mit Optimismus ein wenig die Sorgen zu nehmen.
Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl das es etwas hilft, ein bisschen.
Richtig helfen konnte ich ihr nicht, aber für Sie da sein.
Und gerade dieses für sie da sein, das hat mir auch die Kraft gegeben die ganze Sache durchzustehen (Ende 2004 hätte ich mich zugeschüttet und gut ist für mich) und nicht selber wieder abzurutschen.
Ein paar Tage nach ihrer Entlassung kam uns der Zufall zu Hilfe in Form eines Arbeitsangebots vom Arbeitsamt.
Dadurch das ich Arbeit bekommen habe, hatte Susanne wieder ein wenig mehr Freude am Leben und die Perspektiven veränderten sich ein bisschen zum Guten.
Seit einigen Monaten nimmt Susanne ihren bisher wirksamsten Medikamenten-Cocktail, aus dem Antidepressivum Fluoxetin, dem Schilddrüsenhormon L-Thyroxin und dem Stimmungsstabilisator Lamotrigin.
Die allgemeine Stimmung ist besser, Susanne ist aktiver, macht wieder Hausarbeit, zieht sich tagsüber Straßenkleidung an.
Das negative an ihren Medis ist nur das Sie ständig nervt.
Egal welche Schicht ich habe, sobald ich den Kopf in die Wohnungstür stecke, werde ich ohne Ende zugetextet.
Erstmal ausruhen istxt_quote_single_close nicht, warum auch? Susanne war ja 10 Stunden alleine, fast ein ganzes Leben… :lachen:
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich das nicht stört, aber lieber ist es mir so als wieder ein Absturz in die schwer depressive Phase.
Wird mir die Sache zuviel, gehe ich Einkaufen oder in die City `nen Kaffee trinken, Bildzeitung lesen oder Leute beobachten, das lenkt ab und macht den Kopf frei.
Alles in allem kann ich sagen, dass ich für mich den richtigen Weg gefunden habe, mit einer chronisch depressiven Frau
zusammenzuleben.
Ich dränge Susanne nicht, wenn es ihr schlecht geht, ich mache ihr keine Vorwürfe (und schon gar keine Vorschriften, wie ich es bei anderen Angehörigen auf der Depressions-Fachstation in Remscheid erlebt habe), und wenn ich merke, dass mich die Situation belastet, gehe ich zu meinem Psychiater und kotz mich aus!
Kann ich nur jedem empfehlen sich `nen Psychiater zu halten… :yeah:
Nur Leute , achtet bei euren depressiven Angehörigen auf Warnsignale, die auf Suizid hindeuten könnten, lieber einmal zu viel den Krankenwagen rufen als einmal zu wenig.
Ich kenne meine Frau nach 15 Jahren Zusammensein gut genug, um solche Signale zu erkennen.
Zum Schluss sei noch gesagt, dass es Susanne sehr hilft ein Blog zu haben .
[Viele Grüsse Jörg Müller]
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